Donnerstag, 12. Januar 2006

Vermittler ist ok, Information ist ok

Es gab einmal eine Schulklasse, die dafür bekannt war, dass sie viele Hochbegabte hatte, wenige Legastheniefälle aufwies und kein "Sitzenbleiben" vorkam. Darüber stutzte ein Forscher, der sich vornahm diesem Phänomen auf den Grund zu gehen. Er besuchte die besagte Klasse. Nach zwei Wochen der Beobachtung schrieb er in sein Tagebuch: "Mir fällt dieses angenehme Arbeitsklima auf, es herrscht eine gute Stimmung, aber ansonsten ist der Unterricht eher langweilig."
An einem Montagmorgen kam die Lehring in die Klasse, ihre Miene verriet nichts Gutes, sie sagte kaum Guten Morgen, setzte sich an einen Tisch und begann Zeitung zu lesen. Die Schüler fingen auch an sich zu beschäftigen, einige spielten, andere lasen, manche träumten vor sich hin. Der Forscher wunderte sich und suchte nach Antworten, die dieses Geschehen begründeten.
"Ist das bei euch immer so?", fragte er eine Schülerin. Diese antwortete darauf verwirrt. "Ja, natürlich!" "Warum macht ihr das denn so?", fragte der Forscher, der von der Klarheit der Antwort verwirrt war?" "Wissen Sie das denn nicht?"; folgte die schnelle Antwort, "unsere Lehrerin ist Jazz-Sängerin und kommt manchmal sonntags erst ins Bett und ist immer totmüde!" "Und was ist, wenn ihr mal müde seid?" "Ja dann läßt sie uns in Ruhe bis wir wieder mitmachen wollen", antwortete die Schülerin. Der Forscher lächelte. Er hatte verstanden.

Schüler sind in der Lage zu akzeptieren, wenn ihnen die Begründung logisch erscheint. Da sie wußten, dass die Lehrerin müde war, konnten sie verstehen, warum diese am liebsten in Ruhe gelassen werden wollte. Im Zuge der Gleichberechtigkeit wußten die Schüler aber auch, dass sie ebenfalls in Ruhe gelassen würden, wenn sie müde in die Schule kamen. Hier zeigt sich auch das Grundprinzip erfolgreichen Lehrens und Lernens. Man kann nur Lehren, wenn man als Vermittler akzeptiert ist und man kann nur Lernen, wenn der Vermittler akzeptiert ist.

Information, die ins Gedächtnis gelangen sollen, werden zuvor geprüft. Ausschlaggebend dafür, dass die Schranken sich heben und die Informationen ins Gedächtnis einfließen, ist die Vertrauenswürdigkeit des Vermittlers. Ein Vermittler, der als "positiv" klassifiziert wird, dringt mit seinen Informationen bis ins Gedächtnis vor (die Informationen werden gespeichert), Informationen "negativer" Vermittler werden in kürzester Zeit gelöscht.
Es zeigt sich also, dass die Beziehung im Lernprozess eine entscheidene Funktion einnimmt.

Hierzu eine weitere Geschichte, die ich vor ein paar Monaten erlebt habe:

Ich begleitete einen Lehrer in eine 7. Hauptschulklasse. Doppelstunde Physik. Meine Erwartungshaltung, was den Unterrichtseinstieg betraf: "Guten Morgen, wer erzählt, was wir letztes Mal gemacht haben?". Mir wurde eine Alternativ-Route gezeigt. Erste Frage: "Wie geht's euch?" "Müde, keine Lust" aus allen Ecken. Dann kam die Frage vom Lehrer "Was war denn los mit Hoyzer, krass oder?" Diskussion. "Wie tippt ihr die Championsleague heute Abend?" Aufgeregtes Schreien, von Müdigkeit keine Spur. "Wie war euer Fußballtunier gestern?" Alle erzählen. Der Übergang in den eigentlichen Unterricht lief beinahe problemlos ab. In der Pause verzog sich der Lehrer nicht fluchtartig ins Lehrerzimmer, sondern trank seinen Kaffee und aß sein Brot mit ein paar Schülern zusammen und die Fußballthemen wurden wieder aufgegriffen, auch noch etwas weiter in die anfangende Stunde hinein. Wieder wurde konzentriert gearbeitet, gelacht.
Ich hatte das Glück noch vier weitere Unterrichtsstunden des Lehrers anzuschauen und am Ende des Tages war ich begeistert von seiner frech-freundlichen, verständnisvollen und ausgeglichenen Art, der alle seine Schüler in einen Bann zog, der die Voraussetzung zum erfolgreichen Lernen schuf.

Um erfolgreich zu lehren sollte also eine Lernbasis geschaffen werden. Diese Lernbasis ist die gegenseitige Beziehung. Die gesunde Beziehung bedarf Gleichbrechtigung und Vertrauen. Das Verhalten des Lehrers sollte also möglichst authentisch sein.

studpaedhans

Erfolgreiches Lehren und Lernen

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